Susanne Itschert | Kunst Kritikerin, Garmisch
Elvira Rodriguez Puerto gelingt es alles noch mal an den Ursprung des Anfangs zurück zu drehen ! Mit ihr dürfen 1010 Frauen denen sie persönlich in sämtlichen verschiedenen Orten begegnet ist, zu ihren ureigensten Sehnsüchten zurück kehren: jene Frau zu sein, der alles zu Füssen liegt, wieder gefunden in einer einzigartigen Schöpfung eines Abendkleides in weiss! Souverän formt sich das Material um jeden weiblichen Körper und schafft unendliche Variationen die feminin und geradezu bezaubernd anmuten. Dabei geht sie kühn und hoch inspiriert an ihre Arbeit: ob spezielle Ärmelkreationen oder Kragen alles faltet sich unter ihren Händen.
Im Bayer Forum Bayerstraße 14 sind noch bis zum 25 April Modeschöpfungen aus Papier zu sehen. Für die kubanische Künstlerin sind sie eine Hommage an ihren Vater, dem bedeutendsten Modedesigner des Kuba der fünfziger und sechziger Jahre. Die Zahl der Modelle vermag dabei alles bisher da gewesene in den Schatten zu stellen: und dennoch gerade hier scheint durch das Serielle eine Vielfalt des Einzigartigen durch. Nicht nur ist jedes Kleid in seiner Form einmalig, vielmehr wird die komplexe Individualität der Frau von heute erkennbar. Die kubanische Künstlerin operiert auf eine ganz neue Art mit dem Genre des traditionellen Portrait. Ihre Galerie versammelt anders als die Herrschenden an den europäischen Höfen von einst Frauen aus aller Welt. Öffentlichkeit recherchiert sie systematisch nach kulturellen Kontexten . Die Mittel den Elvira Rodriguez sich dabei bedient, stammen aus der heutigen Marktforschung. Medien die hier für ihre Fremdheit und Anonymität stehen, gewinnen durch die Verwendung von Rodriguez neue Tiefe. Unter dem Vorwand einer „Abschlussparty“ inszeniert Elvira die Akteurinnen ihres Gesamtkunstwerkes an dem immer wiederkehrenden Wendepunkt: jede Frau erhält ihr individuell am Leib geformtes Kleid. Dabei bedeutet das Shooting bedeutet mehr als nur am Auslöser zu drehen: in einem gleichzeitigen Interview zitiert es in Sekunden schnelle die zentralen Motive der Beteiligten, reiht Aussage an Aussage um das Persönliche einzukreisen.
Der Pretext für diese Arbeit stellt in Wirklichkeit eine andere Erfahrung von Öffentlichkeit dar. Jahrelang musste die Künstlerin in Kuba ständig verfolgt aus dem Blickwinkel kubanischer Spitzel um ihr eigenes Dasein kämpfen.
Susanne Itschert
Garmisch, 18. April 2011