Pergamentbräute Elvira Rodriguez Puerto packt 1010 Frauen in Papier
Von Judith Liere.
München – Nummer 401, eine brünette Frau um die 30, steht etwas fröstelnd und unsicher in Unterwäsche zwischen Bergen von zerknülltem Papier. "Halt das hier fest", sagt Elvira Rodriguez Puerto und drückt der Frau eine Lage weißes Pergament vor die Brust. "Und das hier und hier und da." Elvira wickelt, knäult, zupft, stopft und knotet, und nach ein paar Minuten ist aus der halbnackten Brünetten eine Frau in einem opulenten, extravaganten Brautkleid im Haute Couture-Stil geworden. Der unsichere Gesichtsausdruck ist weg, die Frau schaut an sich herunter und sagt: "Wow." Elvira grinst zufrieden und nimmt die Kamera in die Hand.
"Wow", sagt Frau Nummer 401 und schaut an sich herunter.
Vierhundert weitere Frauen hat Elvira Rodriguez Puerto bereits in Papierbräute verwandelt. 609 fehlen noch. Denn die kubanische Künstlerin arbeitet derzeit an einem großen Projekt: Sie will 1010 Frauen filmen und fotografieren, Frauen jeden Alters, aus aller Welt, ledig oder verheiratet. Warum ausgerechnet 1010? "Für meine letzten Projekte habe mehrere hundert Menschen fotografiert. Ich wollte einfach etwas weiter gehen." Aus den Aufnahmen wird am Ende die Foto und Video-Installation "Singles on Tour" entstehen, die, so wünscht es sich die Künstlerin, als Ausstellurtg um die ganze Welt reisen soll. Jeder der Frauen verpasst Elvira Rodriguez Puerto ein individuelles Kleid aus Pergamentpapier. "Das Modell überlege ich mir spontan, wenn die Frau vor mir steht, es kommt darauf an, was für einen Charakter ich in ihr sehe", sagt sie.
Die kleine, lebhafte Frau mit dem breiten Lächeln sitzt in ihrem Atelier auf dem Gelände der Optimol-Werke am Ostbahnhof und zeigt auf ihrem Laptop ein paar der Bilder, die sie bereits gemacht hat. Eine Schwangere, die stolz ihren Bauch zwischen den Papierbahnen präsentiert, eine Schwarze mit riesigem Papierkopfschmuck, eine 86-Jährige, die sich elegant einen Papierschal um die Schultern legt. >>